Die Veröffentlichung der IFS Food Version 7 mit Jahresbeginn 2018 nannte Wolfgang Leger-Hillebrand, Branchenmanagement Lebensmittelsicherheit bei Quality Austria, als wichtigste Herausforderung für das kommende Jahr. Eine sechsmonatige Übergangsfrist zur Re-Zertifizierung soll die Umstellung erleichtern. Auch die neue Version 4 der Food Safety System Certification 22000 tritt zum Jahreswechsel in Kraft. Geändert wurden die Anforderungen zum Thema Lebensmittelbetrug (Food Fraud) und die Durchführung von unangekündigten Audits. „Unangekündigte Audits sind nun nicht optional, sondern für alle zertifizierten Unternehmensstandorte verpflichtend. Mittlerweile haben wir die ersten unangekündigten IFS-Audits durchgeführt und dabei wurden ausschließlich positive Erfahrungen gemacht“, so Leger-Hillebrand. Auch die ISO 22000 befinde sich in Revision. Für lebensmittelverarbeitende Betriebe seien HACCP, Fremdkörpermanagement und Schädlingsbekämpfung nach wie vor wesentliche Herausforderungen.
EMPFUNDENE UND TATSÄCHLICHE GEFAHREN
Österreichische Konsumenten haben hohes Vertrauen in die Lebensmittelsicherheit, doch sie sehen eine potentielle Gefährdung anderswo als Gesundheitsexperten, erklärte Franz Allerberger, Leiter Öffentliche Gesundheit der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit AGES. So sei für Konsumenten vor allem der Einsatz von Pestiziden, Antibiotika sowie von Zusatz- und Konservierungsstoffen besorgniserregend, das epidemiologisch hochrelevante Problem der Fettleibigkeit und lebensmittelbedingte Infektionen sind im öffentlichen Bewusstsein noch nicht angekommen. „Die Diskrepanz zwischen empfundenem und epidemiologisch belegbarem Risiko stellt eine kommunikative Herausforderung dar und erfordert die breite Bereitstellung fachlich fundierter Informationen“, erklärte Allerberger. So seien zwar Campylobacter, die sich im Zuge der Schlachtung von Geflügel in der Massentierhaltung verbreiten, die häufigsten lebensmittelassoziierten bakteriellen Krankheitserreger in Österreich und der EU. Allerdings seien diese in der breiten Bevölkerung bei Weitem nicht so bekannt wie etwa Salmonellen.
HERKUNFTS-SCHWINDEL
Als „CSI in Sachen Lebensmittel” untersucht Thomas Prohaska von der Abteilung analytische Chemie auf der Wiener Universität für Bodenkultur Produkte im Hinblick auf Lebensmittelbetrug. Herkunft und Regionalität gehören zu den wichtigsten Themen im Marketing, so Prohaska. Dementsprechend sei die Täuschung der Herkunft oder die Verfälschung von Lebensmitteln ein florierender Markt. „Die Kennzeichnung der Herkunft zum Schutz des Konsumenten, des Produzenten und nicht zuletzt der Regionalität ist gesetzlich vorgeschrieben. Das bedarf entsprechender Werkzeuge zur Kontrolle, die auch behördlich umgesetzt werden müssen“, erklärte Prohaska. In der Entwicklung moderner analytischer Methoden zur Charakterisierung von Lebensmitteln seien enorme Fortschritte gemacht worden.
„MINERALÖLFREIE PRODUKTE SIND NICHT MÖGLICH”
Mit Schweizer Präzision widmete sich Thomas Gude, wissenschaftlicher Leiter der Swiss Quality Testing Services, der Analytik von Mineralölen in Lebensmitteln. Der Nachweis sei sehr komplex, wodurch es eine hohe Rate an falschen positiven Ergebnissen gäbe. Eine punktuelle Kontamination von Lebensmitteln mit Mineralölen werde durch Grenzwerte bestimmt. Gude klärte auf, dass aufgrund der vielfältigen Nutzung von erdölbasierten Produkten, etwa recycelter Karton, in unserem täglichen Leben ein Grundlevel in beinahe allen Produkten und Lebensbereichen vorhanden ist, den man bis zu einem gewissen Grad akzeptieren müsse.
JURISTISCHE SPURENSUCHE
Andreas Schmölzer von SAICON Consulting widmete sich der Frage, welche rechtlichen Konsequenzen beim Nachweis von Spuren in Lebensmitteln zu erwarten sind. Die Kernfrage müsste immer sein, ob die Eignung des Lebensmittels zum Verzehr beeinträchtigt würde oder nicht, so Schmölzer. Die aktuelle Aufregung um „Gift-Eier“ mit Fipronil zeigt aber, wie sensibel das Thema Spurennachweise ist, auch wenn keine aktuelle Gesundheitsgefährdung besteht. Werden Spuren gefunden, kann man auf die Verzehrsdaten der EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) zurückgreifen. Deren Werte orientieren sich allerdings an den High Consumern, die lediglich fünf Prozent der Konsumenten ausmachen.
SENSIBLE KONSUMENTEN
Der Konsument achte vermehrt auf Zutaten in Lebensmitteln, sei deutlich sensibilisierter auf Inhaltsstoffe und verzichte bewusst auf ungewünschte Substanzen, erläuterte Selin Patrick vom Marktforschungsinstitut Nielsen aktuelle Food Trends. Gesundheit und gesunde Ernährung würden deutlich stärker im Fokus der Verbraucher stehen als früher und dadurch Ernährungstrends maßgeblich prägen. „Lebensmittel müssen verstärkt moralisch vertretbar sein, aber auch funktionieren – wo bisher Bio und Regionalität ausreichten, sucht der Konsument heute gezielt nach mehr. Nachhaltigkeit und Transparenz, Superfoods, gesunde Alternativstoffe und eine neue, gesunde Convenience sind wesentliche Trends der nahen Zukunft“, resümierte Patrick.
PRICKELNDE NACHHALTIGKEIT
Beispielhaft erläuterte Herbert Schlossnikl, Vorstand der Vöslauer Mineralwasser AG, die Nachhaltigkeitsaktivitäten von Vöslauer. Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung und Weiterentwicklung seien die Verankerung der Nachhaltigkeitsziele in die Unternehmensstrategie sowie ein schlagkräftiges Nachhaltigkeitsteam, erklärte Schlossnikl. „Nachhaltig erfolgreich wirtschaften bedeutet für uns wirtschaftliche, ökologische und soziale Ziele miteinander zu verbinden.“ Danach ging er auf umgesetzte Maßnahmen wie die Wertstoffsammlung zur Reduzierung des Gewerbeabfalls, die Reduktion von Energiefressern oder auf die Elektromobilität ein. „Man darf sich nicht von der Erstinvestition in Nachhaltigkeitsaktivitäten abschrecken lassen, denn langfristig rechnen sich diese Projekte“, so Schlossnikl.
(c) www.annarauchenberger.com / Anna Rauchenberger - Linz, Austria - 11.10.2017 - Quality Austria Lebensmittelforum im LFI Linz. FOTO v.l.: DI Herbert Schlossnikl, Vorstand der Voeslauer Mineralwasser AG, DI Wolfgang Leger-Hillebrand, Quality Austria, Selin Patrick, Manager Analytic Consulting, Nielsen, Univ.-Prof. Dr. Christoph Burmann, Inhaber des Lehrstuhls fuer innovatives Markenmanagement (LIM) an der Universitaet Bremen © (c) www.annarauchenberger.com / Anna Rauchenberger
SOZIALE VERANTWORTUNG DER MARKE
Christoph Burmann, Inhaber des Lehrstuhls für innovatives Markenmanagement von der Universität Bremen, beleuchtete die Relevanz von Corporate Social Responsibility (CSR) für den Erfolg von Marken aus der Lebensmittelwirtschaft. CSR habe bei Lebensmittel- Marken keinen direkten Einfluss auf das Kaufverhalten, aber es steigere die emotionale Bindung an eine Marke, das sogenannte Brand Attachment. Außerdem wirke sich die vom Konsumenten wahrgenommene soziale Verantwortung des Unternehmens bei Marken aus der Lebensmittelwirtschaft stärker auf die emotionale Markenbindung aus als in allen anderen untersuchten Branchen. „Das Kaufverhalten gegenüber Lebensmittel-Marken wird zu 40 Prozent von der emotionalen Markenbindung erklärt. Es lohnt sich also, den Hebel der Markenführung anzusetzen“, zeigte Burmann auf.