Kurs auf die Austrian Skills

Neue Struktur für Nachwuchswettbewerbe

Ein Artikel von Andrea Sturm | 06.07.2021 - 14:30
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Aus für Bundeslehrlingswettbewerbe: Letzter Konfettiregen beim BLW der Bäcker 2019. © Andrea Sturm

Sie galten als Werbung für handwerkliche Betriebe und gleichzeitig als Instrument, um  Jugendliche für eine Lebensmittel-Lehre zu interessieren, doch nach zwei Jahren  coronabedingter Pause kam jetzt das endgültige Aus für die Bundeslehrlingswettbewerbe.  Mit einem weinenden Auge” sei die Entscheidung gefallen, erzählt Bundesinnungsmeister Willi Mandl: „Aber es wurden einfach immer weniger Teilnehmer, besonders bei den  Fleischern, auch bei den Bäckern ist der Rückgang schon spürbar. Bei den Konditoren war es noch besser, aber es ist vorherzusehen, dass auch dort die Teilnahmebereitschaft abnimmt.”

Bei wenigen Teilnehmern lohnt sich der Aufwand nicht. Die mangelnde Bereitschaft der Betriebe, Lehrlinge für die Bewerbe zu unterstützen oder zumindest freizustellen, halte viele von der Teilnahme ab, so Mandl.

Weitere Gründe nennt Bundesinnungsgeschäftsführerin Anka Lorencz: „Die Termine im Juni kollidieren mit den Lehrabschlussprüfungen. Nicht zuletzt deshalb wurde es immer schwerer, Lehrlinge zu einer Teilnahme zu bewegen.” Zudem stünden die hohen Kosten für die ausrichtenden Landesinnungen auch in keinem Verhältnis zum generierten Werbeeffekt, große Medien berichteten über die Veranstaltungen kaum.

Neue Herausforderungen

Erklärtes Ziel der Bundesinnung ist die Neustrukturierung in Richtung Staatsmeisterschaft, Europameisterschaft und Weltmeisterschaft. „Wir haben dann Bewerbe für alle Ausbildungsstufen”, erläutert Anka Lorencz, „Landeslehrlingswettbewerbe für die Lehrlinge, Staatsmeisterschaften für die Gesellen und die Europa- und Weltmeisterschaften für junge MeisterInnen.” Die Staatsmeisterschaften sollen jährlich im Herbst im Rahmen der  Berufsmesse in Salzburg stattfinden, wo es reichlich Publikum gibt. „Das ist werblich besser nutzbar und macht mehr für die Branche als ein Bundeslehrlingswettbewerb, den man gesondert bewerben muss.”

Alle drei Berufe sollen sowohl bei Staats- als auch bei den Europa- und Weltmeisterschaften antreten. Bäcker und Konditoren haben heuer schon eine Staatsmeisterschaft, die Fleischer sollen nach ihrem „Probeantritt” bei den Euroskills in Graz 2023 ebenfalls eine bestreiten.

Scharfe Kritik aus den eigenen Reihen

„Das ist eine Katastrophe”, erklärte Bernd Fenkart, ehemaliger Landesinnungsmeister der Konditoren in Vorarlberg. Er war 20 Jahre lang Juryvorsitzender beim  Bundeslehrlingswettbewerb der Konditoren. „Die Entscheidung wurde überraschend gefällt, man hat sich gar nicht die Zeit genommen, mit den Menschen zu reden, die die  Nachwuchsarbeit machen.” Die Staatsmeisterschaften können den Bundeslehrlingswettbewerb nicht ersetzen, betonte Fenkart, weil nach dem Lehrabschluss anderes dominiere. Auch das finanzielle Argument lässt Fenkart nicht gelten: „Wir haben in Vorarlberg immer schwarze Zahlen geschrieben. Man muss halt auf dem Boden bleiben und das Rahmenprogramm ans Budget anpassen.”

Brigitta Schickmaier, Konditormeisterin „der anderen Art” und Austrian Chocolate Master, ist in der Ausbildung aktiv und leitet unter anderem Meisterkurse am WIFI Linz. „Das darf man den Lehrlingen nicht antun”, ist sie überzeugt. „Wir haben zu wenige Anmeldungen bei den Staatsmeisterschaften, weil die jungen Leute sich das nicht zutrauen. Man muss sie Schritt für Schritt aufbauen.” Die eher schlichten Landesbewerbe, dann der Bundeslehrlingswettbewerb vor Publikum, aber noch mit Lehrern und Ausbildern, stärken das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und den Mut, sich zu den größeren Wettbewerben zu wagen, ist Schickmaier überzeugt. Aber es geht auch um das gemeinsame Erlebnis: „Es ist so wertvoll, wenn Trainer, Ausbilder, Lehrer, Schüler und Meister zusammenkommen. Das haben wir jetzt ein Jahr lang nicht gehabt, und man merkt, dass der Austausch fehlt”, betont Schickmaier. „Man vernetzt sich und lernt voneinander, das kann man im Handwerk nicht durch digitale Begegnungen ersetzen.”

Einen Alternativvorschlag hat Brigitta Schickmaier auch: Man könnte am Tag vor den Staatsmeisterschaften einen bundesweiten Lehrlingsbewerb abhalten. „Das wäre weniger aufwendig, weil Location und die Logistik schon da sind. Und die Lehrlinge würden gleich sehen, was es noch zu erreichen gibt”, meint Schickmaier.

„Sehr schade” findet auch Kurt Kainz die Entscheidung. Der ehemalige Innungsmeister der Vorarlberger Bäcker war lange Zeit Juryvorsitzender beim Bundeslehrlingswettbewerb und engagierte sich auch sonst in der Nachwuchsarbeit. „Es ging ja nicht nur ums Gewinnen, es war eine Veranstaltung, bei der die Branche zusammenkam, und die Teilnehmer konnten auch voneinander lernen”, so Kainz. „Ich glaube kaum, dass viele Vorarlberger bei der Staatsmeisterschaft in Salzburg mitmachen werden, das werden eher Kandidaten aus der Mitte Österreichs sein.”

Hans Mache, Bundeslehrlingswart der Fleischer, sieht ebenfalls eine gefährliche Lücke in den Bewerbsstufen. „Ohne Bundeslehrlingswettbewerb wird es noch schwieriger, Nachwuchs für die Folgewettbewerbe zu rekrutieren. Wo sollen wir die Teilnehmer für die Staatsmeisterschaften hernehmen, wenn wir nicht auf der Lehrlingsstufe anfangen?”, fragt Mache.

Gemeinsame Entscheidung

„Es haben alle mitgestimmt”, betont Bundesinnungsmeister Willi Mandl, „natürlich, wenn eine Branche trotzdem einen Bundeslehrlingswettbewerb machen will, kann sie das tun. Aber ich denke, die jetzige Planung mit dem klaren Weg zu Euroskills und Worldskills ist eine gute Lösung.”