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Martina Moser ist Genuss-Spezialistin © Andrea Sturm

Reportage: Café-Konditorei Moser

"Wir verkaufen Genuss"

Ein Artikel von Andrea Sturm | 18.11.2020 - 16:39

Die großzügige Steinterrasse wirkt schon von Weitem einladend, und betritt man das Café, setzt sich der Eindruck von heller, freundlicher Atmosphäre fort. Kaffeeduft und fruchtige wie schokoladige Köstlichkeiten in der Vitrine locken vielfältiges Publikum an, und die Mitarbeiter hinter der Theke strahlen ungezwungene Herzlichkeit aus. Insgesamt wirkt die Konditorei wie das ideale verlängerte Wohnzimmer.

Martina Moser hat die Konditorei 2006 von ihren Eltern übernommen und damals gleich die Gasträume modernisiert. „Es war vorher auch schön, aber ich wollte von Anfang an etwas Eigenes daraus machen”, so Moser, „außerdem brauche ich immer wieder Veränderung.” Das Haus wurde in den 50er-Jahren von Mosers Großeltern als Restaurant erbaut und vom Vater in eine Konditorei verwandelt. Man könnte also sagen, Martina Moser ist das Handwerk in die Wiege gelegt worden, aber die Entscheidung, die Konditorei zu übernehmen, war für sie nicht selbstverständlich. Nach dem Abschluss der Hotelfachschule und einer Konditorlehre arbeitete sie in China und Südamerika, danach für Do & Co in Wien und Berlin und Salzburg.

Der Schritt zur Übernahme des elterlichen Betriebs war wohlüberlegt. „Ich komme aus einer Unternehmerfamilie und habe für mich festgestellt: Die gute Mischung hat man nur, wenn man selbstständig ist.“ Die Lust an der Veränderung betrifft nicht nur Architektur und Berufsweg, auch an den Mehlspeisen des Hauses wird ständig getüftelt. „Natürlich gibt es Sorten, die wir durchgehend anbieten, darauf verlassen sich einige Stammgäste auch. Aber viele fragen mittlerweile auch, was es Neues gibt”, so Moser.

Teamarbeit in der Backstube

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Auch selbst Hand anlegen: Martina Moser in der Backstube. © Café-Konditorei Moser

Die Neuheiten, die im besten Fall zur „Torte des Monats” werden, entstehen in Teamarbeit in der Backstube. Ideen werden ausprobiert, verkostet und perfektioniert. Die frischeste Neuentdeckung ist ein Rote-Rüben-Biskuitteig, quasi ein Red Velvet Cake ohne Chemie. Die Lust an der Innovation freut nicht nur die Gäste, sondern auch die Lehrlinge. „Wer sich heute für eine Konditorlehre entscheidet, tut das vor allem wegen der Kreativität”, weiß Moser, „in einem Betrieb unserer Größe kann man Innovation und Experimente ausprobieren, anders als in Großbetrieben, wo alles immer gleich aussehen muss.”

Die eigene Kreativität darf dabei auch nicht auf der Strecke bleiben. Ein Versuch, sich aus Zeitgründen aus der Backstube zurückzuziehen, als der Nachwuchs klein war, ließ Moser unzufrieden zurück. „Auch wenn ich das getrost meinen MitarbeiterInnen überlassen könnte, ich brauche das Gefühl, selbst Hand anzulegen”, so Moser. Heute ist sie mindestens einmal in der Woche selbst am Tüfteln. „Da merkt man zum einen, was man vielleicht noch verbessern könnte, zum anderen aber auch, was die Mitarbeiter selbst verbessert haben”, so Moser, „es ist eine sehr kreative Zusammenarbeit.”

Kaum Krise in der Krise

„In der aktuellen Situation haben wir das Glück, weder vom Tourismus noch von Lieferkunden allzu abhängig zu sein”, erzählt Martina Moser. 14 Mitarbeiter arbeiten im Café und in der Backstube. Die erzwungene Schließung durch den Lockdown hat nicht zu Kündigungen geführt, obwohl der Steuerberater genau das empfahl. „Ich wusste ja, dass ich die Mitarbeiter nachher wieder brauche”, so Moser, „Meine Mädels – und ein Herr! -  schätzen den sicheren Arbeitsplatz sehr und nur gemeinsam kommt man durch so eine Krise und bleibt erfolgreich.“

Dass sich die Mitarbeiter wohlfühlen, ist ihr überhaupt sehr wichtig. Eigenverantwortung und die Chance, die eigene Kreativität auszuleben, stehen auf der einen Seite, aber auch der Lohn muss stimmen. „Mit 48 Prozent Personalkosten wird man ja schnell kritisiert, aber wenn ich den Gewinn maximieren will, muss ich entweder mehr Steuern zahlen oder Abstriche bei der Qualität machen”, so Moser, „Die Arbeit muss Spaß machen, und jeder muss davon leben können, sonst bleiben die Mitarbeiter nicht da.”

Sie bildet laufend Lehrlinge aus und ist überzeugt davon, dass der Nachwuchs davon profitiert, nicht gleich nach der Hauptschule anzufangen. „Man muss in der Backstube schnell Verantwortung übernehmen”, so Moser, „und da ist es wichtig, dass das eigene Leben schon etwas gefestigt ist.”

Auch in ihrer Zeit als Innungsmeisterin hat sie besonders an der Optimierung der Ausbildung gearbeitet, ist aber zur letzten Wahl nicht mehr angetreten. „Ich hab das gerne gemacht, die Gemeinschaft war gut, aber man muss einfach viel Zeit investieren. Auf Dauer bleibt für die Familie und den eigenen Betrieb einfach zu wenig Energie übrig, deshalb war es Zeit, das Amt abzugeben”, so Moser.

Der Wert des Handwerks

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Die Besucher wissen die Lekcereien zu schätzen. © Andrea Sturm

Neben klassischen und innovativen Mehlspeisen locken in der Vitrine auch Schokoladen und Trüffel in unterschiedlichsten Geschmacksrichtungen. Die Marmeladen, die zuerst nur für das hauseigene Frühstücksangebot gedacht waren, gibt es mittlerweile auch im Gläschen, weil die Kunden danach gefragt haben. „Es wird immer Leute geben, die das Handwerk schätzen”, ist Moser überzeugt, „ich möchte einfach nicht diskutieren, ob das Stück jetzt 3,60 oder 3,80 kostet. Wir verkaufen Genuss, wir verkaufen eine Lebenseinstellung, wir verkaufen das Erlebnis, natürliche Rohstoffe in einer tollen Kombination zu schmecken, und wer einfach nur schnell etwas Süßes will, soll sich halt im Supermarkt einen Schokoriegel kaufen.”