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Franz Brandl setzt in seiner Backstube auf Handarbeit.  © Volker Weihbold

Reportage

Besuch beim Meister des Handgebäcks

Ein Artikel von Andrea Sturm | 17.10.2023 - 15:03
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Große Auswahl in edlem Ambiente. © Andrea Sturm

Der Hauptstandort in der geschäftigen Linzer Innenstadt ist gut besucht: Ein stetiger Strom von KundInnen an der Verkaufstheke, gemütlich frühstückende Gäste im Cafébereich. Der Blick in die Schaubäckerei, wo laufend frische Produkte produziert werden, ist von überall her möglich und lockt auch durchs Schaufenster neue Gäste an. Diese gläserne Backstube ist nur eine von vielen Ideen, die Franz Brandl umgesetzt hat, um den Wert des Handwerks zu kommunizieren.

„Mein Großvater war einer der ersten Bäcker in Linz, der eine Semmelmaschine angeschafft hat. Er war aber auch einer der ersten, der wieder mit der maschinellen Herstellung aufgehört hat“, erzählt Franz Brandl, „früher waren wir hier die Einzigen, die ausschließlich Handsemmeln angeboten haben.“ Neben den berühmten Handsemmeln und Mohnflesserln begeistert er die Kundschaft auch mit Brioche-Produkten – besonders der Butter-Briocheknopf ist hoch begehrt. Die verstärkte Beschäftigung mit langzeitgeführten Broten hat unter anderem den RUHbert hervorgebracht, ein Sauerteigbrot, das besonders lange ruhen darf.

Wir haben uns bewusst dagegen entschieden, ein umfassendes Snackangebot oder gar einen Restaurantbetrieb einzuführen. Wir wollen nicht Wirt oder Konditorei spielen. Das Bäckerhandwerk soll im Mittelpunkt stehen!


Franz Brandl

Bekenntnis zur Region

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Das Handsemmerl entsteht mit viel Fingerfertigkeit. © Bäckerei Brandl

Franz Brandl und sein Team arbeiten konsequent mit regionalen und saisonalen Rohstoffen. Für den AMA-Genussregion-Betrieb ist das zwar Voraussetzung, doch für Franz Brandl ist es mehr als ein Lippenbekenntnis. „Wenn die Marillenernte schlechter ausfällt, wie es heuer der Fall war, gibt es halt Zwetschkenkuchen statt Marillenkuchen“, erklärt er. Auch bei Brot und Gebäck setzt er auf Rohstofflieferanten aus nächster Umgebung. „Letztendlich ist bei uns der ganze Produktzyklus regional, denn auch die Kunden kommen aus der näheren Umgebung“, schmunzelt Brandl.

Backmischungen kommen ihm auch nicht in die Backstube, und das hat in der Bäckerei Brandl durchaus Tradition. „Die einzige Ausnahme war, dass wir eine Zeit lang den Kornspitz angeboten haben. Aber auch das ist längst Geschichte“, erklärt er. Eine Expansion mit weiteren Filialen oder bäckereifremden Produkten kommt für Franz Brandl nicht infrage. „Die Größe ist genau richtig, um hohe Qualität bieten zu können und dennoch eine gute Lebensqualität zu behalten. Wir haben uns auch bewusst dagegen entschieden, ein umfassendes Snackangebot oder gar einen Restaurantbetrieb einzuführen. Wir wollen nicht Wirt oder Konditorei spielen. Das Bäckerhandwerk soll im Mittelpunkt stehen.“

Eine Ausnahme dabei ist das Frühstück, doch auch dabei steht die (Hand-)Semmel im Mittelpunkt. Der Honig aufs Brot kommt nicht nur aus der Region, sondern sogar von den eigenen „Bäckerbienen“, die im Hinterhof der Bäckerei fleißig summend für Süße sorgen. 

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Vielfalt zum Genießen. © Bäckerei Brandl

Insgesamt beschäftigt die Bäckerei 28 MitarbeiterInnen, davon 12 in der Backstube. Auch ihnen möchte Franz Brandl nicht nur Arbeit, sondern auch Lebensqualität bieten. “Wir haben im letzten Jahr beschlossen, montags geschlossen zu halten. Tatsächlich haben wir dadurch keine Umsatzeinbußen verzeichnet, die Kunden kommen verstärkt an den anderen Tagen”, erklärt Brandl. Auch der einmonatige Betriebsurlaub im Sommer ist im Gewerbe ungewöhnlich.

Kontinuität in Generationen

Als Alois Brandl die Bäckerei im Jahr 1891 gründete, lag sie noch vor den Stadttoren von Linz. Um das Gebäck in die Innenstadt zu liefern, musste der Bäcker sogar Maut entrichten. Schon der Gründer setzte in der Backstube auf Qualität, und die Nachfrage war dementsprechend hoch. Als sich 1925 die Gelegenheit bot, eine Bäckerei in der Innenstadt zu übernehmen, griff er zu und richtete in der Bismarckstraße ein Geschäft und eine Backstube nach dem damals neuesten Stand der Technik ein. Ein Jahr darauf übernahm sein Sohn den Betrieb und eröffnete eine Filiale in der Landstraße. Das sind bis heute die beiden Standorte der Bäckerei Brandl, auch wenn das Haupthaus in den 60er-Jahren komplett neu gebaut wurde.

Franz Brandl, der die Bäckerei 1998 von seinem Vater übernommen hat, hat mit der Errichtung der gläsernen Backstube und der sanften Modernisierung des Betriebs deutliche eigene Akzente gesetzt, ohne die Tradition zu verraten. Das blieb nicht unbemerkt: 2008 erhielt die Bäckerei Brandl den „Marktkieker“, die höchste Auszeichnung des Bäckergewerbes im deutschsprachigen Raum.

Wissen vernetzen und weitergeben

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Brandl-Philosophie: Mit hochwertigen Produkten punkten. © Bäckerei Brandl

Konkurrenzdenken innerhalb der Branche ist dem passionierten Handwerksbäcker fremd. Gemeinsam mit sieben anderen Bäckereien hat er die „Eigenbrotler“ gegründet, eine Plattform, mit der nicht nur gemeinsames Marketing, sondern auch gegenseitige Unterstützung geboten wird. „Wenn einer beispielsweise Probleme mit einer Rezeptur hat, schauen wir uns das gemeinsam an. Wir tauschen auch Lehrlinge aus. Und natürlich gibt es immer wieder Veranstaltungen“, so Brandl.

Auch beim Backforum der Lebensmittelakademie ist Brandl dabei. „Es ist einfach wichtig, sich immer wieder auszutauschen. Man lernt dazu und kann eigene Erfahrungen weitergeben. Davon profitieren alle“, ist er überzeugt. Sein Wissen um die Backkunst und die Kulinarik hat Franz Brandl auch bereits in zwei Büchern verewigt. Im ersten Band „Geheimnisse aus der Backstube“ verriet der Bäckermeister 2019 gemeinsam mit dem damaligen Backstubenleiter Brotsommelier Christopher Lang, worauf es beim Brotbacken ankommt. In „Der Brandl und seine Freunde“ geht die Reise weiter, nämlich zu SpitzenköchInnen, die mit den hochqualitativen Bäckereiprodukten von Brandl auf ihre eigene Weise umgehen. Gestaltet wurden die Bücher von der Meisterschule für Kommunikationsdesign der HTL1 Bau und Design in Linz. Videos zu den Rezepten können in beiden Bänden per QR-Code abgerufen werden, ein Service, der bis jetzt bereits stolze 300.000-mal in Anspruch genommen wurde. Auch Backkurse für Interessierte hat Franz Brandl bereits angeboten. „Ich glaube, wenn die Kunden auf diese Weise lernen, was alles an Wissen und Können hinter hochwertigem Brot und Gebäck steht, dann kaufen sie in Zukunft eher beim Bäcker als beim Diskonter“, erklärt er.

Die Zukunft bleibt bunt

Langweilig wird es Franz Brandl nicht: Neben der stetigen Weiterentwicklung der Backkunst ist schon ein neues Projekt mit der Medien-HTL geplant. Seine Tochter Olivia besucht derzeit die Meisterschule in Wels, und so stehen die Chancen für eine spätere Weitergabe der Familientradition ausgesprochen gut. „Bäcker ist ein schöner, handwerklicher Beruf, und er ist vor allem in kleinen Betrieben auch sehr menschlich“, ist Franz Brandl überzeugt.