Welche Pläne und Erwartungen haben Sie als Bundesinnungsmeister?
Wiesbauer: Grundsätzlich gilt es, den guten Weg der unter meinem Vorgänger Ing. Eduard Langer eingeschlagen wurde , fortzusetzen. Wir haben es geschafft, eine gute und schlagkräftige Interessensvertretung für Mühlen und Mischfutterhersteller zu erreichen. Ich sehe keinen großen Veränderungsbedarf sondern eher Anpassungsbedarf, da wir ja nicht wissen, wie die Kammerstruktur und die Mitgliederentwicklung in den nächsten Jahren aussehen werden.
Andere Branchen klagen über Desinteresse der Mitglieder an der Innungsarbeit und an Informationsveranstaltungen. Wie sieht es bei den Müllern und Mischfuttererzeugern aus?
Wiesbauer: Ich glaube, es ist für alle Branchen schwierig, die Mitglieder zur Mitarbeit in der Innung zu motivieren und das Interesse an Informationsveranstaltungen zu wecken. Wichtig ist es vor allem die, Jugend beziehungsweise die Betriebsübernehmer mit ins Boot zu holen. Wir haben viele junge Mitglieder in konkrete Arbeits- und Expertenkreise eingebunden und werden in der Lebensmittelinnung als Best Practice-Beispiel gesehen. Die Kammerarbeit muss nicht nur Arbeit bedeuten, sondern kann auch lustig und interessant sein. Ein gutes Beispiel ist da unser Organisationsteam für die Ingesa, eine internationale Getreidewirtschaftstagung in Velden am 14. und 15. Juni 2018, bei der sich Müller, Mischfutterhersteller und Agrarhändler treffen.
Sind solche Branchenevents heute noch wichtig?
Wiesbauer: Ich glaube, dass sie es gerade im Zeitalter der Digitalisierung sind. Man will ja nicht nur per Mail oder Telefon mit seinen Branchenkollegen und Lieferanten zu tun haben, sondern man will die Leute auch mal sehen. Diese Veranstaltungen sind somit eine ideale Plattform für Wissensaustausch und persönliches Networking.
Welche sind aus Ihrer Sicht aktuell die bestimmenden Themen für die Branche?
Wiesbauer: Da wir eine sehr rohstofflastige Branche sind, interessiert uns natürlich immer die Entwicklung der Getreidepreise. Die wiederum hängen stark mit dem Klima und dem Wetter zusammen. Die letzten drei Jahre war die weltweite Getreideproduktion höher als der Verbrauch – das kann sich aber schnell ändern. Wichtige Themen sind aber auch die Veränderung der Ernährungsgewohnheiten und die Ausbildung unseres Nachwuchses. Müller oder Mischfutterhersteller ist ein interessanter und vielseitiger Beruf und das müssen wir auch nach außen tragen – wir werden daher auch heuer wieder auf der Jugend- und Berufsmesse in Wels vertreten sein.
Erwarten Sie von der neuen Regierung Verbesserungen für die Branche?
Wiesbauer: Ob die neue Regierung große Verbesserungen für die Lebensmittelbranche bringt, bezweifle ich. Aber es wäre schon ein richtiger Schritt, wenn wir von diesem „golden plating“ wegkämen, dieses Übererfüllen von Vorgaben. Ein Unternehmer muss sich heute um so viel bürokratischen Kram kümmern, dass für andere wichtigere Themen die Zeit fehlt. Und da ist es auch für unsere Innung eine wichtige Aufgabe, darauf zu schauen, dass Gesetze und Verordnungen „unternehmenstauglich“ bleiben.
Wie schätzen Sie die zukünftige Entwicklung in der Mühlenbranche ein?
Wiesbauer: Viele Betriebe haben sich nach dem EU Beitritt spezialisiert und bedienen unterschiedliche Nischen. Der Strukturwandel wird zwar weitergehen, aber die gut aufgestellten Betriebe wird es fortan geben. Ich wünsche mir ein Weiterbestehen vieler klassischer Familienbetriebe und faire Rahmenbedingungen, in denen wir unseren Nachwuchs interessieren und heranziehen können.