Qualität auf dem Vormarsch

Sichere Strategien für bessere Lebensmittel

Ein Artikel von Andrea Sturm | 05.05.2021 - 13:43
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Lebensmittel immer sicherer: August Staudinger (GLi) und Dr. Michael Stelzl vom Hygienicum (Archivbild 2019).. © GLi

Geschäftsführer August Staudinger stellte eingangs die GLi als unabhängiges Netzwerk und europaweiter Impulsgeber für Innovationspartnerschaften für Lebensmittelqualität und
-sicherheit mit den aktuell behandelten Themenkreisen vor. Der erste Vortrag galt den neuesten Änderungen in der IFS-Zertifizierung. Wolfgang Leger-Hillebrand von Quality Austria und Maria Panuschka vom Hygienicum erläuterten die Änderungen im IFS V7. Grundsätzlich ginge es beim IFS immer darum, vertrauenswürdige Produkte zu liefern, die Zertifizierung habe zuverlässig und belastbar zu sein.

Auch bei IFS-Kontrollen hat Corona für Schwierigkeiten gesorgt – geplante Audits konnten nicht durchgeführt werden, dadurch sind Zertifikate ungültig geworden. Strategien wie Online-Audits seien aber bewusst nicht als Ersatz für Vor-Ort-Termine eingesetzt worden, da sich nicht alle Voraussetzungen aus der Entfernung überprüfen lassen, erklärte Wolfgang Leger Hillebrand.

Neu in der aktuellen Version ist unter anderem, dass zumindest jedes dritte Assessment unangekündigt stattfindet. Der Schwerpunkt dabei ist das Sammeln von objektiven Nachweisen, etwa die risikobasierte Entnahme relevanter Proben sowie die Bewertung der Prozesse im laufenden Betrieb. Ebenfalls neu ist die Pflicht, die Zertifizierungsbehörde nicht nur bei Änderungen des Namens und der Betriebsstätte, sondern etwa auch bei behördlichen Beanstandungen innerhalb von drei Tagen zu informieren.

Die Verpflichtung zu einer Lebensmittelsicherheitskultur führte zu Diskussionen. Beinhalten könnte sie die Schulung der Mitarbeiter, aber auch Rückmeldungen von Kunden, sowie Kommunikation mit den Behörden. Die meisten Prozesse seien bei heimischenUnternehmen schon integriert, wenn auch möglicherweise nicht strategisch durchgeplant, betonte Maria Panuschka. Weitere Themen waren der Umgang mit ausgelagerten Prozessen, eventuellem Lebensmittelbetrug und neue Anforderungen im Umgang mit potenziellen Fremdkörpern, deren Definition erweitert wurde, beispielsweise auf Ölrückstände aus Maschinen.

Abschließend betonte Hygienicum-Geschäftsführer Michael Stelzl, dass die Vertrauenswürdigkeit des Produkts immer im Mittelpunkt steht,und dass alle Maßnahmen auf dieses Ziel gerichtet sein sollen.

Transparente Prozesse

Einen Blick auf die Zukunftspläne der EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) warf Johann Steinwider von der AGES. Ein großer Kongress zum 20. Jubiläum der EFSA ist für 2022 geplant. Der Austausch von Daten zwischen Nationalstaaten und EU sei sehr wichtig, es müsse aber auch mehr auf die Fragen und Befürchtungen der Verbraucher eingegangen werden, betonte Steinwider.

Die Transparenzverordnung, die im März in Kraft getreten ist, soll die Verantwortung eindeutig zuordnen und eine verbesserte Risikokommunikation ermöglichen. Eine transparente Studienbewertung und ein besserer Austausch zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Behörden soll in Zukunft die Risikobewertung stärken. In der Diskussion gab Michael Stelzl zu bedenken, dass in der Kommunikation auch der Faktor Zeit eine wesentliche Rolle spielt. Die Reaktionszeit könne mehrere Wochen, oder im Krisenfall zumindest mehrere Tage dauern, so Johann Steinwider, die Kommunikation im konkreten Anlassfall bliebe derzeit bei den Nationalstaaten.

Mikrobielle Entwicklungen

Aus Dänemark zugeschaltet war Dieter Elsser-Gravesen von der Universität Aarhus und Direktor der ISI Food Protection. Das „low-no-Dilemma” definiert er als den teils widersprüchlichen Themenkomplex rund um Gesundheitstrends, Clean Labelling, höhere Anforderungen an die Haltbarkeit bei Raumtemperatur sowie den veränderten Konsumentengeschmack, der milde Produkte ohne hohen Säureanteil bevorzugt. Man dürfe dabei Lebensmittelsicherheit, bei der es um Gesundheitsschutz geht, nicht mit der Haltbarkeit verwechseln, die Geschmack und Konsumentenerwartung mit einbezieht.

Eine große Herausforderung seien etwa künstliche Fleischersatzprodukte, die häufig mikrobiell instabiler sind als herkömmliches Fleisch. Generell sei es bei der Entwicklung neuer Produkte schwierig, das Risiko für die Vermehrung pathogener Keime einzuschätzen, eine beschleunigte Keimentwicklung unter Laborbedingungen sei wenig aussagekräftig. Digitale Vorhersagemodellierung biete aber eine gute Basis zur Risiko-Evaluierung. Die Erstellung eines Sicherheitskonzepts müsse immer ganzheitlich erfolgen – von der Beschaffung der Rohstoffe über die Lagerung gilt das Dreisäulenkonzept: Reduzierung und Vermeidung in der Produktion sowie Stabilisierung in der Lagerung und Auslieferung. Die aktuellen Analysesysteme seien so präzise, dass man sich überlegen muss, wie man mit den produzierten Daten am sinnvollsten umgehen kann, so Elsser-Gravesen.

Eine allgemeingültige Lösung in Sachen Lebensmittelsicherheit und Haltbarkeit gäbe es nicht, es müsse immer eine maßgeschneiderte Lösung aus hygienischer Herstellung,  Verpackung und eventuellen Konservierungsmitteln gefunden werden. Letztere lassen sich in drei Gruppen unterteilen: E-Nummern-pflichtige Stoffe, multifunktionale „labelfreundliche” Maßnahmen wie Essig oder Räucherung sowie biologische Stoffe wie Starterkulturen. Sehr aktuell sei das Thema der Schutzkulturen, durch die schädliche Bakterien durch nützliche in Schach gehalten werden.

Mag. Sandra Feiler von der AgroVet GmbH stellte die Änderungen der aktuellen Bio-Verordnung vor. Ziele der neuen Version, deren Inkrafttreten auf 1. Jänner 2022 verschoben wurde, sind eine Vereinfachung des Regelwerks, besserer Verbraucherschutz sowie ein fairer Wettbewerb bei Importen. Die wichtigsten neuen Regelungen betreffen den Einsatz von (Bio-)Aromen und Salz, die im Bio-Bereich erlaubten Reinigungsmittel sowie verschärfte Regeln beim Import von Bio-Produkten. Großes Augenmerk liegt auf den  Vorsorgemaßnahmen, die der Unternehmer gegen Kontamination mit Nicht-Bio-Produkten zu ergreifen hat. Die Vorgehensweise ist in Österreich für Landwirtschaft und verarbeitende Betriebe gleich, die entsprechende Richtlinie muss allerdings erst veröffentlicht werden.

Beim Risikomanagement geht es darum, etwaige Risiken zu erkennen und einen Plan zur Vermeidung zu erstellen. Neu in der Verordnung ist die Nachweispflicht des Unternehmers, dass er alle Vorsorgemaßnahmen zur Vermeidung von Risiken ergriffen hat. Im Fall einer Kontamination kann es zur Entziehung des Bio-Status kommen, wenn der Erzeuger nicht nachweisen kann, dass er geeignete Vorsorgemaßnahmen ergriffen hat.

Mit mehreren praktischen Workshops zu aktuellen Themen wie Datenmanagement, Umsetzung des IFS, Verpackung und Reinigungsvalidierung endete das digitale Symposium.

Das nächste GLi-Symposium findet am 7. und 8. April 2022 im Landhotel Forsthof in Sierning (Oberösterreich) statt.

www.gli-Austria.at