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Reportage

Bäckerei als Grätzl-Treff

Ein Artikel von Andrea Sturm | 01.08.2025 - 12:30

Auf den ersten Blick wirkt das kleine Geschäft mit frei einsehbarer Backstube recht traditionell, doch das Tho ist alles andere als gewöhnlich. Da sind zum Beispiel die Öffnungszeiten: Erst ab 12 Uhr mittags kann man hier einkaufen, dafür dann bis 19 Uhr abends.

„Das hat zwei Vorteile: Zum einen vermeiden wir damit Nachtarbeit, zum anderen bieten wir den Kunden eine Einkaufsmöglichkeit, wenn andere Bäckereien nicht mehr geöffnet haben“, erzählt Paul Thomann. Das Konzept ging schnell auf: „Wir haben mittlerweile einen hohen Stammkundenanteil, obwohl wir etwas abseits und nicht direkt an der Einkaufsstraße liegen.“

Das Tho ist weitgehend ein Zwei-Personen-Betrieb, im Ver-auf gibt es Unterstützung durch zwei Teilzeit-Mitarbeiterinnen. Wohltuend puristisch wirkt auch das Produktangebot: Anstatt einer Vielzahl bunt benannter Produkte gibt es ein Kernsortiment von Sauerteigbrot aus Weizen, Roggen und Dinkel, Sauerteiggebäck und dazu täglich wechselnde Specials. Freitags Sauerteig-Brioche, samstags Sauerteig-Kipferl und Mohnwirbel, donnerstags das Mischbrot.

„Diese Reduktion auf das Wesentliche ist mir wichtig – ich will jedem Getreide seine eigene Bühne bieten und den feinen Geschmack nicht mit unzähligen Zusätzen verfälschen“, erklärt Paul Thomann. Die kleine Backstube ist durch die präzise Planung auch optimal ausgelastet. „Alle Produkte an jedem Tag anzubieten, würde sich vom Platz her gar nicht ausgehen.“

Bio und regional ohne Kompromisse

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Reduktion auf das Wesentliche: Die Brotsorten geben den Getreidesorten geschmacklich eine Bühne.  © Andrea Sturm

Bei den Zutaten für seine Brotspezialitäten greift Paul Thomann ausschließlich auf Bio-Produkte zurück. Der  Hauptrohstoff Mehl kommt von der Dyk-Mühle aus Raabs an der Thaya. Ganz wichtig ist Paul und Marie auch die regionale Herkunft der Rohstoffe, und dabei gehen sie keine Kompromisse ein: Bäckerei-Standards wie Kakao, Sesam, Zitrusfrüchte oder Zimt finden sich in den Tho-Produkten nicht.

„Wir setzen stattdessen auf ebenso köstliche heimische Alternativen: Statt Zimt gibt es Anis als Geschmacksträger, anstelle von Kakao verwenden wir Roggenmalz mit seinen wunderbaren Karamellnoten“, erklärt Paul Thomann. Früchte im Gebäck werden nur saisonal verarbeitet. „Das führt schon manchmal zu Nachfragen, etwa wenn es unsere gefragten Zwetschgenreingerl nicht mehr gibt, weil die Zwetschgen für dieses Jahr aus sind. Aber wenn man den Kunden dann erklärt, warum das so ist, führt das oft zu einem Aha-Moment, weil es die traditionelle Herangehensweise und Regionalität wieder ins Bewusstsein ruft“, erzählt Marie Weindlmayr. Die einzige Ausnahme im Tho ist der Kaffee, der nicht nur in Barista-Qualität geschmacklich überzeugt, sondern auch aus nachhaltigem Bio-Anbau stammt.

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Brot und Wein passen hervorragend zusammen, sind Paul Thomann und Marie Weindlmayr überzeugt. © Andrea Sturm

Kennen- und lieben gelernt haben sich Marie Weindlmayr und Paul Thomann beim Tourismusstudium. Beide standen schon voll im Berufsleben, als sich bei Paul die Bäckerleidenschaft durchsetzte. „Ich habe nach dem Studium in einer Bäckerei gearbeitet – aber in keiner backenden Position“, erzählt Paul Thomann, „Marie war im Marketing. Ich habe mich schon lange für Brot und für Sauerteig interessiert, und dann ist langsam der Entschluss gereift, eine eigene Bäckerei aufzumachen.“

Mit viel autodidaktischem Engagement absolvierte er die Bäckermeisterprüfung, und die Suche nach einer geeigneten Produktionsstätte begann. Möglichst zentral sollte es sein und Platz für Backstube und Verkaufslokal in einem bieten. Als sich die Gelegenheit im zweiten Bezirk gegenüber vom Schwedenplatz bot, griffen sie schnell zu.

Besonders mutig findet er den Schritt in die Selbstständigkeit nicht: „Der Bedarf nach Brot, besonders nach gutem Brot ist ungebrochen, und der wird auch nicht geringer. Wir haben natürlich alles möglichst präzise durchkalkuliert und uns erst dann entschieden.“ – „Man braucht Leidenschaft und eine Passion für das Handwerk und den Beruf“, ergänzt Marie Weindlmayr, „aber die sind auf jeden Fall vorhanden.“

Das gewisse Bisschen mehr

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© Andrea Sturm

Gerade in einer Großstadt ist die PR über soziale Medien natürlich wichtig, aber noch wichtiger ist die persönliche Präsenz. „Die KundInnen wollen Gesichter sehen und wahre Geschichten hören“, erklärt Marie Weindlmayr. Wer sich an den Tischen niederlässt, um mit einem Kaffee oder einem Glas Wein und einer Jause etwas Genuss in den Alltag zu bringen, hat freien Blick auf die Backstube, wo zwischen Mehlsäcken und Teigmischern schon die Spezialitäten für den nächsten Tag entstehen.

Spezielle Schmankerln ergänzen das Angebot. Das Grilled Cheese Sandwich bringt Wärme in kalte Wintertage; im heurigen Sommer gibt es im Tho das Freitagsbrioche nicht nur pur, sondern auch gefüllt mit köstlichem Eis aus der Produktion vom Eisbazar am Yppenplatz. Die Ideen für die Produkte entstehen mit viel Fantasie und in der Kommunikation mit KundInnen und ProduzentInnen. „Wir suchen immer Partner, die ähnlich denken und möglichst regional sind, wie zum Beispiel die Cityfarm Augarten für Gemüse und Kräuter oder Fratelli Valentino für den Ricotta. Unser Wein kommt hauptsächlich von Bio-Betrieben aus der Steiermark, dem Wiener Umland und dem Weinviertel oder aus der Wachau“, erzählt Marie Weindlmayr.

Überschaubar bleiben

Erweiterungspläne sind derzeit kein Thema, sagt Paul Thomann: „Es gibt schon immer wieder verlockende Ideen  von uns beiden, aber für den Moment sind wir sehr zufrieden mit dem Ist-Zustand. Uns ist es einfach ganz wichtig, dass der Betrieb persönlich und überschaubar bleibt.“

Flexibel muss man dennoch bleiben, wissen Marie und Paul. Seit Kurzem hat das Tho auch am Samstag geöffnet. „Wir haben gemerkt, dass der Bedarf da ist – am Samstag haben unsere Kundinnen und Kunden mehr Zeit, und sie können den Einkauf am Markt mit einem Besuch bei uns verbinden“, erzählt Marie Weindlmayr, „ich habe mich lange gegen eine Samstagsöffnung gewehrt, aber mittlerweile ist der Samstag mein Lieblingsarbeitstag, weil alle entspannter sind.“