Starkes Team: Erich und Nicole Langer teilen sich die vielfältigen Aufgaben in Mühle und Administration. © Andrea Sturm
Die malerische Marktgemeinde Atzenbrugg kennen vor allem Musikliebhaber, weil Franz Schubert seine Sommer gerne komponierend dort verbrachte. Harmonisch im Ortsgefüge eingebettet, ist die Langer-Mühle ein historisches Gebäude mit höchst moderner wirtschaftlicher Bedeutung. Nicole und Erich Langer führen die Mühle in vierter Generation in Familienbesitz mit großem Bewusstsein für eine nachhaltige Beschäftigung mit dem Grundnahrungsmittel Mehl.
Qualität geht vor
Viel Platz: Die weithin sichtbare Langer-Mühle verfügt über reichliche Lagerkapazitäten. © Andrea Sturm
Vermahlen werden in der Langer-Mühle Weizen und Roggen aus möglichst regionalem Anbau. Nicole und Erich Langer arbeiten mit Vertragsbauern zusammen, die sich auf ausgewählte Sorten spezialisiert haben. “Diese älteren Sorten haben etwas weniger Ertrag, dafür brauchen Sie aber auch weniger Pflanzenschutzmittel”, erklärt Nicole Langer, die in der Mühle für Verkauf, Marketing und den Mühlenladen zuständig ist. Müllermeister Erich Langer kümmert sich um Einkauf und um die Vermahlung. Der Weizen kommt aus der näheren Region, der Roggen aus dem Waldviertel. Seit es den Mühlenladen gibt, bieten die Langers auch Backkurse an. “Wir haben ein großes Interesse am Brotbacken festgestellt”, erzählt Nicole Langer, “für viele Menschen ist das eine Reaktion darauf, dass es in ihrem Umkreis keine echte Bäckerei mehr gibt, und sie das Brot aus den Supermärkten schlecht vertragen.”
Der Großteil des Mehls, etwa 80 Prozent, geht aber nach wie vor an Bäckereien. Neben dem Bäckersterben ortet Nicole Langer ein weiteres Problem. “In einer Zeit, in der die Konsumenten nach hochwertiger Ware verlangen, wird Mehl immer noch ausschließlich über den Preis verkauft”, bedauert sie, “aber auch beim Mehl gibt es Qualitätsunterschiede, die einen höheren Preis rechtfertigen.”
Die schmucken alten Gebäude mit dem blumenreichen Innenhof erzählen von einer jahrhundertealten Tradition. Die Mühle gibt es bereits seit dem 13. Jahrhundert. “Sie hat einmal zum Stift Klosterneuburg gehört”, erzählt Nicole Langer, “im Keller kann man noch die alten Mönchszellen sehen.”
Die Mühle selbst, mit ihren alten Holzböden und Sackrutschen, kann auch besichtigt werden. Die Mühlenspaziergänge erfreuen sich großer Beliebtheit. “Viele Menschen sind überrascht, wie viel Aufwand in einem Sack Mehl steckt”, erzählt Nicole Langer, “es ist uns auch ein Anliegen, das zu vermitteln. Der Bauer muss ein ganzes Jahr lang sein Getreide pflegen, in der Mühle setzen wir unser Wissen und die Technik ein, um daraus hochwertiges, gut backbares Mehl zu machen. Das Produkt hat mehr Wertschätzung verdient.”
Neue Märkte
Vielfältiges Sotiment: Der Mühlenladen verkauft neben Mehl auch ausgesuchte Produkte aus der Region © Andrea Sturm
Im Mühlenladen “La Müh La” verkauft die Mühle nicht nur eigene Produkte, sondern auch andere regionale Spezialitäten und Zubehör fürs Backen zu Hause, vom Gärkorb bis zur Tortendekorationen. Mit dem Shop wurden auch neue Kontakte erschlossen. Die Backkurse mit Seminarbäurin Ingrid Müller sind gefragt. “Unsere Hauptkunden werden sicher die Bäcker bleiben”, betont Nicole Langer, “aber Kunden, die einmal den Wert von echter Handarbeit begriffen haben, kaufen das Alltagsbrot dann auch nicht mehr gern im Supermarkt. Steigendes Qualitätsbewusstsein der Konsumenten ist eine Chance für Betriebe, die Wert auf Qualität legen.” Auch die Social-Media-Präsenz der Langer-Mühle ist auf Bewusstseinsbildung ausgerichtet. Auf Instagram und Facebook kommunizieren die Langers nicht nur ihre Produkte, sondern auch Geschichten aus dem Mühlen-Alltag.
Zwölf Mitarbeiter sorgen derzeit in der Langer-Mühle dafür, dass alles rund läuft. Zuletzt wurden sogar zwei Lehrlinge gleichzeitig ausgebildet - ein kräftiges Lebenszeichen für die Mühle. Erich Langer, der nach dem frühen Tod seines Vaters schon sehr jung ins kalte Mühlwasser springen musste, legt auch Wert auf langjährige Mitarbeiterbeziehungen. Die zwei Töchter der Langers helfen ebenfalls schon im Betrieb mit, aber ob sie später einmal den Betrieb übernehmen wollen, dürfen sie selbst entscheiden.