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Steirische BIO-Begeisterung

Erfindergeist aus Tradition

Ein Artikel von Andrea Sturm | 18.03.2019 - 18:36

In der Produktion hat sich die Posch-Mühle auf Nischenprodukte und alte Getreidesorten spezialisiert. Neben Dinkel und Hafer sind das auch Buchweizen, Amaranth und Quinoa. Die bietet Roman Posch in vielen unterschiedlichen Zerkleinerungsformen an. Häufig ist der Müllermeister auch selbst  an der Produktentwicklung beteiligt. Seit er Anfang der 90er-Jahre die Mühle übernommen hat, hat sich viel getan. Neben der Revitalisierung der alten Mühle mit EU_Förderung und dem Beitritt zur Slow-Food-Bewegung hat er die Mühle auf rein biologische Verarbeitung umgestellt: “Gift kommt mir nicht ins Haus”, erklärt Roman Posch überzeugt. 

Sein Großvater Josef Posch war Wandermüller und kam auf seinen Reisen bis ans schwarze Meer, bevor er sich mit seiner Frau in Hartberg niederließ und in den 1920er-Jahren die als Gebäude bereits historische Mühle aus dem 16. Jahrhundert erwarb. Mehl war allerdings nicht das einzige, das Joseph Posch interessierte. Neben der Optimierung der Mühle selbst erfand er auch einige mühlenfremde Geräte, darunter eine Vierradsteuerung für Autos und einen beidseitigen Pflug, um das Umdrehen am Acker zu sparen. Näher am Gewerbe war seine auf Anfrage der Universität Graz entwickelte Schlagmühle für Keimöle, oder die hydraulische Ölpresse.

Die Lust am Experimentieren hat Roman Posch auch in dritter Generation nicht verloren, er tüftelt ebenfalls gerne und intensiv. Zuletzt etwa an einem Verfahren zur Herstellung von fein gemahlenem Hanfmehl, das unter anderem in Proteindrinks verarbeitet wird. “Eine kleine Testmenge ist schnell gemahlen. Das Verfahren zur Reife zu bringen, braucht viel Zeit und Hirmschmalz”, erklärt Roman Posch. Gemeinsam mit seiner Frau Veronika betreibt er so eigentlich zwei Mühlen: Die historische, die zur Vermahlung von kleinen Mengen bis 500 Kilo, aber auch für Führungen genutzt wird, und die neue, in der größere Mengen gemahlen werden. 

Lebendige Geschichte

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Mit Steinwalze und Halbmond sorgt dieser Walzenstuhl für besondere Aromen © Andrea Sturm

Die Geräte in der historischen Mühle sind faszinierend. Etwa der 100 Jahre alte Plansichter aus Holz, der immer noch seinen Dienst tut, oder der historische Walzenstuhl mit Steinwalze und “Halbmond”. “Dadurch lässt sich ein leicht angeröstetes Aroma erzielen” erzählt Roman Posch. Auch die Wasseraufnahme soll durch das Mahlen mit Stein höher sein. In der alten Mühle wird übrigens generell ohne Wasserzugabe gemahlen. Ungenetzt ist zwar die Staubentwicklung größer, aber die Haltbarkeit der Produkte wird erhöht und das Ungeziefer wird weniger angezogen - nicht unerheblich in der biologischen Verarbeitung. 

Bei den Führungen gibt es für die Besucher viel zu lernen. Angefangen von der Unterscheidung der Getreidesorten über die Reinigung bis hin zur Vermahlung. “Heute weiß ja niemand mehr, was in den Produkten steckt”, erklärt Roman Posch, “die Leute sind dankbar, wieder näher ans Lebensmittel zu kommen”. Für die Verarbeitung der heute teils ungewohnt gewordenen Cerealien hat Veronika Posch auch Rezepte herausgegeben. Von Gersten-Risotto über Dinkel-Reis bis hin zu Lebkuchen reichen die Tipps, die den Umgang mit den Produkten der Mühle erleichtern. 

Langweilig wird Veronika und Roman jedenfalls nicht - und das liegt neben der Arbeit auch am Nachwuchs. Für fixe Berufswünsche sind die Söhne im Alter von zwei, fünf und sieben Jahren noch zu jung, aber den Mühlenalltag erleben sie hautnah mit. Roman Posch ist jedenfalls optimistisch: “Die Zukunft wird noch regionaler werden. Der Anbau von kleinen Mengen auf eigenem Grund ist besser als ein Intensivanbau, der nur mit großem Chemie-Einsatz möglich ist.”